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Es sind schon andere große und einflussreiche europäische Industrien gänzlich untergegangen: Kohle, Unterhaltungselektronik, Computer, Foto, Film. Als Nächste wird Europas Autoin-dustrie samt Zulieferern, der Kette von Dienstleistungsbetrieben (Werkstätten) und der zugehörigen Mineralölwirtschaft mit dem nicht mehr aufzuhaltenden und sehr raschen Übergang auf Elektroautos auf einen Bruchteil schrumpfen. Angesichts deren heutiger Bedeutung wird das Umwälzungen in allen betroffenen Ländern hervorrufen: Werksschließungen und Massenentlassungen können nur abgemildert werden, wenn maßgebende Politiker und Wirtschaftslenker sich noch rechtzeitig der Lage bewusst werden und mit Nachdruck die Überlebensregel befolgen, dass man sich an die Spitze einer Bewegung setzen muss, die man nicht aufhalten kann – konsequent gegen alle Widerstände.

Die eAutos aus China, Korea, Japan und den USA setzen sich durch, die Europäer können den Vorspung nie mehr aufholen und sind vor allem bei den Schlüsselbauteilen wie den Akkus total abhängig; es wird ihr wie der deutschen Solarindustrie gehen, man wird in Europa Zölle auf eAutos einführen müssen.

Überwältigende Vorteile der eAutos gegenüber Verbrennern

Die Vorteile von eAutos sind in jeder Beziehung überwältigend, für ihre Halter wie für die Volkswirtschaften. Aus technischer Sicht hätte man sie schon vor Jahrzehnten haben können, denn ihre Einführung hängt nur von der Verfügbarkeit leistungsfähiger Akkus ab; die gab es schon vor 20 Jahren, damit fuhr man 400 Kilometer weit, aber diese Forschungen wurden wieder gestoppt. Alle anderen wesentlichen Teile wie den Motor gab es teils schon im 19. Jahrhundert, wie diverse Schienenfahrzeuge belegen.

Allein für die Ölindustrie, deren Umsatz zu 60 bis 65 Prozent vom Verkehr abhängt, und die ebenso einflussreiche Autoindustrie sind eAutos eine Horrorvorstellung. Denn die maßgebenden Personen in der Autoindustrie sind Experten für Verbrennungsmotoren.

Warum überlegen? Ein eAuto braucht neben Karosserie, Lenkung, Rädern und Inneneinrichtung nur ein bis vier Elektromotoren, eine auswechselbare Elektronikbaugruppe zum Betrieb, einen austauschbaren Akku und eine mechanische Feststellbremse; dazu eine elektrische Heizung/Klimaanlage. Eine Wartung ist nicht erforderlich, die Motoren haben keine Verschleißteile und halten länger als die Karosserie, die Elektronik wird als Baugruppe mit einem Griff ersetzt, der Akku ist je nach Technologie und Beanspruchung nach einigen Jahren zu tauschen und neben den Reifen das einzige Verschleißteil. Alle für einen Verbrennungsmotor erforderlichen teuren Zusatzaggregate und Bauteile fehlen; Getriebe, Kupplung, Differential, hydraulische Bremsanlage, Vergaser, Einspritzpumpen, Kühler, Auspuffanlage, Öl-, Luft- und Kraftstofffilter – die Liste ist ellenlang und erschreckend, denn es wird auch die Fabriken nicht mehr geben, die diese Teile heute herstellen. Was nicht vorhanden ist, muss weder gewartet noch repariert oder gar ersetzt werden und verschleißt nicht. Die Zuverlässigkeit eines eAutos ist allein deswegen unvergleichlich höher als die jedes Verbrenners. Macht man sich dies einmal mit aller Deutlichkeit und ohne Scheuklappen klar, begreift man, was mit der Wucht einer Dampfwalze auf Europas Auto- und Zulieferindustrie, Dienstleistungsbetriebe, aber auch verantwortliche Politiker und Wirtschaftslenker zukommt:

1. Der Kaufpreis von eAutos wird erheblich niedriger sein als bei Verbrennern, vielleicht die Hälfte oder zwei Drittel wegen der Fixkosten. Die heutigen Preise beruhen darauf, dass der Akku etwa 40 Prozent der Wertschöpfung eines eAutos ausmacht, und die Akkuhersteller in Ostasien sind natürlich nicht an niedrigen Preisen und damit billigen eAutos der Konkurrenz interessiert. In den USA und Ostasien sind neue, billigere Akkus mit teils zehnfacher Kapazität und langer Lebensdauer in der Entwicklung. Hier beginnt, nach 20 Jahren, auch wieder die Arbeit daran. Es dauert halt Jahre von der Entwicklung bis zur Serie, man denke nur an den Unterschied zwischen den ersten Funktelefonen und unseren heutigen Smartphones.

2. Neben den Reifen bestehen die Unterhaltskosten nur aus den auf die Laufleistung umgelegten Kosten für den Akkutausch.

3. Die Lebensdauer von eAutos ist mindestens doppelt so hoch wie jene von Verbrennern – gut für die Besitzer, schlecht für die jährlichen Absatzzahlen, die sich geschätzt halbieren werden.

4. Der Wirkungsgrad von Elektromotoren ist mehr als doppelt so hoch wie bei Verbrennungsmotoren, die Energiekosten betragen somit weniger als die Hälfte. Ein eAuto verbraucht im Stand, also an der Ampel und im Stau, keine Energie. Und etwa ein Drittel der Energie zum Beschleunigen wird beim Bremsen zurückgewonnen.

Autobetrieb mit Inlandsstrom verbessert die Zahlungsbilanz

Die reinen wegeabhängigen Betriebskosten (Strom) sind nicht nur erheblich niedriger, sondern die Tatsache, dass eAutos mit im Inland erzeugtem Strom betrieben werden, ist von größter volkswirtschaftlicher Bedeutung, weil die Öleinfuhr ebenso entfällt wie die Abhängigkeit von ausländischen Lieferanten und Abzocken in der Urlaubszeit. Die Zahlungsbilanz wird entscheidend verbessert, bei wetterbedingtem Stromüberangebot kann der Strompreis (eventuell auf null) gesenkt werden. Deutschland hat schon Strom an Nachbarländer nicht nur verschenkt, sondern es gab Zeiten, da musste man sogar draufzahlen, um Strom liefern zu dürfen.

eAutos sind einfacher zu fahren, das Automatikgetriebe ist gratis inkludiert. Es gibt weder Kaltstart noch Warmlauf oder einen kochenden Kühler. Ein Elektromotor braucht keine Leerlaufdrehzahl und entwickelt schon im Stand das volle Drehmoment, Abwürgen gibt es nicht. Und im Gegensatz zum Verbrennungsmotor kann er kurzzeitig hoch überlastet werden und zieht somit beim Beschleunigen auch Verbrennern mit sehr viel höherer Maximalleistung davon; daher ist jeder Vergleich der Leistungsangaben grob irreführend. Die riesigen Umweltvorteile durch lautlosen und schadstoffreien Betrieb bedürfen keiner Betonung.

Erschreckend ist die Desinformation bezüglich Preis, Akku, Reichweite und Ladung; Vorschläge wie Ladesäulen längs der Straßen oder eine Verpflichtung von Vermietern, das Laden vor dem Haus zu erlauben, sind wirklichkeitsfremd bis absurd und bloß verkappte Gegenargumente. Allein sinnvoll sind Schnell-Ladesäulen neben den Benzin- und Diesel-Zapfsäulen an den bestehenden Tankstellen, deren Überleben damit gesichert ist. eAutofahrer werden wie bisher zu ihrer Tankstelle zum Laden fahren, das nicht länger dauern wird als das Tanken bisher. Aufgrund der hohen Tankstellendichte ist damit auch das Argument vom Tisch, mit einem eAuto könne man keine weiten Strecken fahren.

In der ersten Ausbaustufe wird man dort mit Kabel und Stecker laden; da eine Normung nicht zu erwarten ist, müssen verschiedene Steckersysteme bedient werden. In der zweiten Ausbaustufe wird kontaktlos über eine im Boden eingelassene Spule geladen, man bleibt im Auto sitzen, zahlt via Handy und fährt weiter.

Milliarden den Tankstellen geben, nicht den Autofirmen

In wenigen Jahren werden eAutos sehr viel billiger sein, mit einer Reichweite um die 500 Kilometer. Zwar genügen die heutigen 100 bis 200 Kilometer für die meisten täglichen Fahrten, doch ist ein tägliches Nachladen lästig. Die Reichweite einer Ladung wird also einer Tankfüllung entsprechen, und man wird ebenso selten zur Tankstelle fahren.

Sobald einmal die Vorteile von eAutos offen und ausführlich dargestellt werden dürfen, wird der Verkauf ein Selbstläufer. Eine Dreingabe vom Staat in Höhe mehrerer tausend Euro wäre völlig falsch, die dafür erforderlichen Milliarden sollte man nicht den Autofirmen, sondern den Tankstellen zukommen lassen, denn die Voraussetzung für die Verbreitung ist die flächendeckende Ladestruktur. Hier muss der Staat eingreifen, auch per Gesetz, und eventuellen Widerstand der Ölkonzerne brechen, die sich vielleicht weigern, an ihren Tankstellen den Todfeind zu bedienen. Tesla baut bereits eigene Schnell-Ladestationen und verschenkt den Strom. Es wäre absurd, wenn dies so weiterginge und jede eAutofirma ihr eigenes Ladenetz aufbaute. In spätestens zehn Jahren wird man sich mit Schaudern daran erinnern, dass man sich früher mit Abgasen vergiftet, eine Lärmhölle ertragen und so viel teures Öl importiert hat.

Autor: Artur Seibt
Entwicklungsleiter in der Elektronikindustrie und ist Konsulent in Wien

Artikel: www.wienerzeitung.at

Quelle: http://www.bem-ev.de/nichts-haelt-das-elektroauto-auf/ 

 


 

Braucht die Politik Nachhilfe?

Die Entscheidung im bayerischen Landtag, künftig lieber weiter auf CO2-Schleudern im eigenen Fuhrpark zu setzen, wurde im April zum traurigen Beispiel für die Unwissenheit vieler Politiker in Sachen Elektromobilität. Die Opposition wollte mehr Elektroautos und CO2-ärmere Fahrzeuge durchsetzen. Die CSU wies den Antrag mit der haarsträubenden Begründung zurück, dass viele Elektrofahrzeuge und Hybridfahrzeuge hinsichtlich Leistung, Komfort und Sicherheit noch nicht mit herkömmlichen Autos vergleichbar seien.

Die Absage ist in vielerlei Hinsicht nicht nachvollziehbar. So bezog sich die Forderung nicht nur auf die zwölf Oberklasse-Limousinen der Minister, die der bayerischen Staatsregierung im aktuellen Dienstwagen-Check der Deutschen Umwelthilfe den letzten Platz einbrachten, sondern auch auf immerhin 12.000 Dienstfahrzeuge des Freistaates Bayern, von denen ein Großteil auf Basis der Fahrprofile problemlos elektrifiziert werden könnte. Beispiele für die erfolgreiche Integration von Elektrofahrzeugen in größeren Fuhrparks gibt es bundesweit zu genüge. Und auch im Sinne von Klima- und Umweltschutzmaßnahmen ist die Entscheidung fragwürdig und offenbart, wie wenig ernsthaft die bayerische Landesregierung mit dieser Thematik umzugehen gedenkt.

Sollte die Entscheidung der bayerischen Landesregierung also tatsächlich Ausdruck einer allgemein herrschenden Unwissenheit der Politiker sein, sollte diese Bildungslücke dringend geschlossen werden. Gerne bieten wir vom Bundesverband eMobilität fachkundige Nachhilfe an. Sollten sich die betreffenden Akteure aber absichtlich dumm stellen, um einer zukunftsweisenden Technologie vorsätzlich im Weg zu stehen, wäre das fatal. Nicht nur für die Reputation der Politiker, sondern vor allem auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Der uns bevorstehende Systemwechsel birgt enorme Chancen. Diese können wir langfristig aber nur dann erfolgreich nutzen, wenn wir jetzt aktiv agieren. Gerade vor dem Hintergrund ausländischer Konkurrenten können wir uns zum jetzigen Zeitpunkt keine reaktionäre Vogel-Strauß-Taktik mehr erlauben, wenn wir am Standort Deutschland künftig wirtschaftlich vom Zukunftsmarkt Elektromobilität profitieren wollen. Denn insbesondere bei der Schaffung und dem Erhalt von Arbeitsplätzen und heimischer Wertschöpfung bietet die Neue Mobilität enorme Wachstumspotenziale.

Das derzeitige Zögern von Bund und Ländern führt zu einer verstärkten Verunsicherung potentieller Käufer. Hier muss auf politischer Ebene zwingend mehr getan werden – sowohl bei der Beschaffung von emissionsarmen Fahrzeugen für den eigenen Fuhrpark als auch in der Kommunikation nach außen. Sinnvoll wäre außerdem in einem nächsten Schritt die Einführung einer Steuererleichterung für Gewerbetreibende, die ein Elektrofahrzeug anschaffen wollen. Die Bundesregierung lehnt das bis dato ab. Ob aus Unwissenheit oder um das Thema zu blockieren, bleibt zu klären..

Kurt Sigl, Präsident Bundesverband eMobilität e.V.

 

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